Hinweisgeberschutzgesetz 2023 - Alles Wichtige zum neuen HinSchG-Gesetz

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Deutschland hat – im Ergebnis verspätet – die Vorgaben der europäischen Richtlinie (RL 2019/1937/EU – „Whistleblower-RL“) zum Schutz von Hinweisgebern (engl. „whistleblower“) Ende Mai 2023 umgesetzt. Das Hinweisgeberschutzgesetz (HinSchG) wurde am 02.06.2023 verkündet und ist überwiegend seit dem 02.07.2023 in Kraft.

Wer ist vom HinSchG erfasst?

Allgemein gilt – verkürzt dargestellt – folgendes:

  • Unternehmen mit/ab 250 Beschäftigten und mehr seit dem 02.07.2023.
  • Unternehmen mit/ab 50 Beschäftigten gilt eine Übergangszeit bis zum 17.12.2023.
  • Vom Schutzbereich des HinSchG sind u.a. „hinweisgebende Personen“ erfasst.

Die Berechnung der relevanten Anzahl der Beschäftigten ist weder im HinSchG noch in der Whistleblower-RL geregelt. In § 3 Abs. 8 definiert das HinSchG lediglich den Begriff „Beschäftigte“. Dies sind u.a. Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer und die zu ihrer Berufsbildung Beschäftigten (Auszubildende). Wenn man jedoch die Begründung des Referentenentwurfs zum HinSchG vom 13.04.2022 (Seite 84) sowie die Regelungen der Whistleblower-RL heranzieht und entsprechend auslegt, soll ein weiter Anwendungsbereich erreicht werden. Damit wäre eine zahlenmäßige Beschränkung (wie z.B. in § 23 Abs. 1 S. 4 KSchG) nicht zu vereinbaren, sodass keine rechnerische Einschränkung vorzunehmen ist; stattdessen gilt eine Berechnung „nach Köpfen“, nicht nach den Stunden der Beschäftigung, weswegen auch Teilzeitbeschäftige voll mitzuzählen sind. „In der Regel“ meint zudem keine reine Stichtagsbetrachtung, sondern eine rückläufige Betrachtung der bisherigen personellen Stärke und einer Einschätzung der zukünftigen Entwicklung.

Was ist zu tun?

Allgemein gilt – verkürzt dargestellt – für vom HinSchG erfasste Unternehmen folgendes:

  • es muss eine interne Meldestelle implementiert sein.
  • es muss ein Meldekanal für die hinweisgebenden Personen vorhanden sein.
  • es müssen alle sonstigen Pflichten nach dem HinSchG umgesetzt sein.

Unternehmen mit in der Regel ab 250 Beschäftigten sind seit dem 02.07.2023 verpflichtet, eine interne Meldestelle und einen Meldekanal zu betreiben. Der Meldekanal, der von der internen Meldestelle betrieben wird, bietet den Beschäftigten und Leiharbeitnehmern die Möglichkeit, Informationen über Verstöße zu melden. Optional kann der Meldekanal auch so ausgestaltet werden, dass andere natürliche Personen, die im Rahmen ihrer beruflichen Tätigkeit mit dem betroffenen Unternehmen in Kontakt stehen, ebenfalls Meldungen abgeben können.

Der Anwendungsbereich des HinSchG erfasst nicht jeden Verstoß gegen ein Gesetz, sondern nur bestimmte im HinSchG enumerativ aufgezählte Konstellationen. Zum einen muss der persönliche Anwendungsbereich eröffnet sein und zum anderen der sachliche Anwendungsbereich des § 2 HinSchG. Der deutsche Gesetzgeber hat die Vorgaben der Whistleblower-RL umgesetzt und dazu noch – überschießend – zusätzliche Anwendungsbereiche geregelt. Die ursprünglich als „uferlos“ bezeichnete Regelung des § 2 Abs. 1 Nr. 2 HinSchG wurde im Gesetzgebungsverfahren dadurch entschärft, dass nicht mehr alle Ordnungswidrigkeiten vom Schutzbereich erfasst werden, sondern nur noch solche, die dem Schutz von Leben, Leib oder Gesundheit oder dem Schutz der Rechte von Beschäftigten oder ihrer Vertretungsorgane dienen. Damit sind insbesondere Arbeitsschutznormen und kollektiv rechtliche Regelungen erfasst, die im Falle des Verstoßes mit Bußgeldern bewährt sind.

Wenn der persönliche und sachliche Anwendungsbereich eröffnet ist, ist ein Hinweisgeber von dem Schutz des HinSchG (u.a. Schutz vor Repressalien und Schadenersatzansprüchen) erfasst und die interne Meldestelle zugleich „zuständig“, wenn eine die sonstigen Anforderungen des HinSchG genügende Meldung bei ihr auf dem Meldekanal eingeht.

Die Meldung muss verkürzt dargestellt „richtig“ sein bzw. der Meldende durfte davon ausgehen, dass die von ihm gemeldeten Informationen der Wahrheit entsprechen. Dafür muss die hinweisgebende Person die gesamten ihr zur Verfügung stehenden Erkenntnisquellen nutzen; bei einer „Falschmeldung“ infolge einer nachlässigen Meldung ist die hinweisgebende Person nicht vom HinSchG geschützt und kann entsprechend rechtlich belangt werden (z.B. arbeitsrechtlich vom Beschäftigungsgeber oder zivilrechtlich von der von der Meldung betroffenen Person).

Die interne Meldestelle ist für den Meldekanal zuständig und führt das Verfahren nach dem Eingang einer Meldung. Den Ablauf kann man grob wie folgt skizzieren:

  1. Abgabe der Meldung durch die hinweisgebende Person (mündlich oder in Textform)
  2. Bestätigung des Eingangs der Meldung spätestens nach sieben Tagen durch Meldestelle
  3. Prüfung, ob gemeldeter Verstoß in den sachlichen Anwendungsbereich nach § 2 HinSchG fällt (keine Einschlägigkeit von Ausnahmen)
  4. Mit der hinweisgebenden Person Kontakt halten
  5. Prüfung der Stichhaltigkeit der eingegangenen Meldung
  6. erforderlichenfalls weitere Informationen bei der hinweisgebenden Person erfragen
  7. Folgemaßnahmen gemäß § 18 HinSchG ergreifen
  8. Rückmeldung an die hinweisgebende Person innerhalb von drei Monaten (Mitteilung ergriffener und geplanter Folgemaßnahmen und Gründe hierfür), sofern keine Ausnahme greift
  9. Abschluss des Verfahrens

Fazit

Die interne Meldestelle muss grundsätzlich die Vertraulichkeit der hinweisgebenden Person wahren. Der Beschäftigungsgeber stattet die Meldestelle mit Personen aus, die ihre Tätigkeit unabhängig ausüben, keine Interessenkonflikte haben und über die notwendige Fachkunde verfügen. Die interne Meldestelle kommuniziert mit der hinweisgebenden Person.

Nachdem das Verfahren durch eine Meldung bei der internen Stelle initiiert wurde, wird es durch eine Folgemaßnahme im Sinne von § 18 HinSchG beendet, die auch darin liegen kann, dass das Verfahren aus Mangel an Beweisen abgeschlossen wird.

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